„Vormoderne Geschichtsschreiber inszenierten das Bild ihrer fürstlichen Protagonisten mit einer bestimmten Intention, also oftmals idealtypisch positiv oder negativ. Die modernen Geschichtswissenschaften gewinnen das individuelle Bild eines vormodernen Fürsten und seiner herrschaftlichen Handlungen eben aus diesen zentralen Textgattungen, reflektieren dabei jedoch häufig zu wenig über die Komplexität der jeweiligen Werke und Intentionen der Autoren. Mir lag und liegt daran, die Errungenschaften bisheriger Forschung zur Ideen- und Vorstellungsgeschichte zu bündeln und strukturell-methodisch zu erweitern. Ganz bewusst habe ich mich etwa in meiner Habilitationsschrift für einen vergleichenden Ansatz entschieden, der die west- und osteuropäische Geschichte verbindet.
Ich decke in meinem Forschungsprofil Mitteleuropa und Ostmitteleuropa (Polen, Tschechien und Ungarn) ab und stärke damit den für die Universität Passau wichtigen ostmitteleuropäischen Kulturraum für die vormodernen Epochen. Eine zunehmend wichtige Rolle spielt auch in den Geschichtswissenschaften die Digitalisierung. An der Universität Passau profitiere ich von einer engen Anbindung an den Bereich der Digital Humanities, der sich als interdisziplinäre Schnittstelle zwischen den Geisteswissenschaften und der Informatik etabliert hat.“
Mehr zur Forschung
Prof. Dr. Vercamer konzentriert sich in seiner Forschung auf folgende Bereiche:
- Der Fürst und sein Bild in der vormodernen Historiographie – mittelalterliche/frühneuzeitliche Herrschaftspraxis im europäischen Vergleich
- Das sozioökonomische Phänomen des Niederadels im europäischen Kontext vom Hochmittelalter bis in die Frühe Neuzeit
- Die gegenseitige Konstruktion des „Eigenen“ und des „Anderen“ der Deutschen und ihrer Nachbarn in der Vormoderne (besonders in Richtung Ostmitteleuropa)
- Der Herrschafts- und Kulturraum des Deutschen Ordens im Baltikum (13.–16. Jahrhundert) und sein Vermächtnis in dieser Großregion