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06.02.2025

Mehr als 5.000 historische Tierbeobachtungen aus Bayern nun digital zugänglich und auswertbar

In einem Kooperationsprojekt des Lehrstuhls für Computational Humanities der Universität Passau, der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns (GDA), des Deutschen Zentrums für integrative Biodiversitätsforschung (iDiv) und des NFDI4Biodiversity-Konsortiums wurden historische Tierbeobachtungsdaten für die moderne Biodiversitätsforschung aufbereitet und in digitale, georeferenzierte Beobachtungsdaten überführt. Mit KI-Unterstützung entstanden aus über 500 handschriftlichen Seiten insgesamt 5.467 Datensätze zur historischen Artenvielfalt in Bayern. Das Projekt fand im Januar seinen feierlichen Abschluss.

Vorstellung und Diskussion der Projektergebnisse, Foto: Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns

Die Datensätze beschreiben Zeit, Ort und Lebensraum der historischen Tiervorkommen in einem Format, das detaillierte weiterführende computergestützte wissenschaftliche Analysen ermöglicht. Veröffentlicht wurden die Daten bei Global Biodiversity Information Facility (GBIF), einem internationalen Datenzentrum, das der weltweiten Forschungsgemeinschaft Biodiversitätsdaten frei zugänglich zur Verfügung stellt. Darüber hinaus sind die Daten in das vom NFDI4Biodiversity-Konsortium kuratierte nationale Biodiversitätsportal LAND (Lebendiger Atlas der Natur Deutschlands) integriert. Vergleichende Forschungen zur Artenvielfalt in Bayern sind auf Grundlage der Daten nun möglich. Auch Veränderungen der Tiervorkommen im Laufe der Zeit können abgeleitet werden. Der Erhalt bedrohter Arten wird so unterstützt. Auftraggeber der Datenerhebung in allen 119 bayerischen Forstämtern war 1845 der damalige bayerische Kronprinz Maximilian.

Bei der Feier zum Projektabschluss am 17. Januar 2025 bedankte sich der Generaldirektor der Staatlichen Archive, Dr. Bernhard Grau, bei allen Projektbeteiligten und würdigte die fruchtbare Kooperation. Durch das Zusammenwirken der unterschiedlichen Fachdisziplinen sei es gelungen, einen 180 Jahre alten Datenschatz für die moderne Biodiversitätsforschung online sichtbar und in aufbereiteter Form nutzbar zu machen. Als Referentin der Staatlichen Archive Bayerns beschrieb Giada Matheisen die historische Quellengrundlage und ordnete diese in den historischen Kontext ein.

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Prof. Dr. Malte Rehbein, Lehrstuhl für Computational Humanities der Universität Passau, und sein Team, vertreten durch Bettina Haas und Tobias Perschl, betonten den unschätzbaren Wert der Daten, die Aussagen über die Artenvielfalt um die Mitte des 19. Jahrhunderts ermöglichen. Als besonders bemerkenswert hoben sie hervor, dass die Quellen vielfach Rückschlüsse auf die historische Wahrnehmung von Umwelt und Tierwelt durch den Menschen und die Auswirkungen menschlicher Veränderungen der Landschaft auf die Verbreitung bestimmter Tierarten zulässt. Greifbar wird beispielsweise das lokale Verschwinden des Fischotters (Lutra lutra) an der Oberpfälzer-böhmischen Grenze bei Vohenstrauß in direktem Zusammenhang mit der Trockenlegung des Pfrentschweihers.

Das enorme Potential für die moderne Biodiversitätsforschung insbesondere in der Gegenüberstellung der historischen mit aktuellen Daten hob der Ökologe Dr. Thore Engel hervor. Ricarda Huter, Masterstudentin an der Universität Jena, wird hier ansetzen und die mobilisierten historischen Daten in ihrer Abschlussarbeit auswerten. Durch vergleichende Analysen möchte sie Verbreitungsmuster und deren Veränderungen untersuchen und der Frage nach möglichen Einflussfaktoren nachgehen.

Die Digitalisate der Erhebung von 1845 sind über die Findmitteldatenbank der Staatlichen Archive Bayerns frei zugänglich, der mobilisierte Datensatz kann auf GBIF und LAND abgerufen werden. Erste Veröffentlichungen sind auf Zenodo greifbar.

Prof. Dr. Malte Rehbein

forscht zu Digital Humanities

Wie können historische Quellen digitalisiert und computergestützt ausgewertet werden?

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Prof. Dr. Malte Rehbein ist seit 2013 Inhaber des Lehrstuhls für Digital Humanities an der Universität Passau. Er ist Vorstandsmitglied der Digital Humanities im deutschsprachigen Raum und engagiert sich unter anderem im wissenschaftlichen Beirat des Deutschen Museums.

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