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Die Idee Europa weiterdenken

Es braucht die Jugend, um Europa neu zu erfinden: In einer Lesung, Workshops, und am EUropaTour-Bus der Staatskanzlei hat der Science Hub for Europe an der Universität Passau Studierende, Schülerinnen und Schüler, Lehrende und Forschende ins Gespräch gebracht. Impressionen von der Europawoche

Europa, das sind vor allem ganz viele Geschichten. Denn lange bevor die Europäische Union politische Realität wurde, haben sich Menschen Gedanken und Visionen zu und über Europa gemacht.

Der europäische Gedanke zog sich denn auch durch den Leseabend „Europa: Vision, Utopie, Realität?!“, der im Rahmen der Europawoche im Mai in der Library Lounge der Universität Passau stattfand. Die Studierenden Elena Goldhofer, Kevin Burger und Maximilian Hollweck präsentierten dort auf dem roten Sofa ausgewählte Texte mit Gedanken und Visionen von und über Europa.

Den Anfang machte Kevin Burger mit einem Essay über einen jungen Mann und dessen Leben im Nachkriegseuropa. Dieser teilte dabei seine Gedanken über seine Kindheit im zerbombten Wien, Lehrern, die Altnazis waren oder den Kalten Krieg. Trotz einiger Kritik resümiert der Autor: „Ich fühle mich in Europa ganz gut.“ Kevin Burger wählte den Essay vor allem im Hinblick auf die anstehende Europawahl: „Wo fängt Demokratie an?“ ist für ihn die zentrale Frage.

Maximilian Hollweck erzählte vom jungen, deutschen Künstler Jean-Christophe, der trotz seiner Skepsis gegenüber den Franzosen nach Paris zieht. Mit dem Franzosen Olivier steht er Höhen und Tiefen durch. Am Ende werden, so der Autor, „der Deutsche und der Franzose beide zu Europäern“. Hollweck sieht dies als Weckruf, man müsse „für den Frieden in Europa einstehen“. Alle hätten, gerade angesichts der Gefahr durch Populismus und Kriege, eine Verantwortung.

Die Studierenden Elena Goldhofer (von links), Kevin Buger und Maximilian Hollweck bei der Lesung in der Library Lounge der Universität Passau.

Elena Goldhofer nahm die Zuhörenden mit auf eine Reise durch Europa, bei der sowohl die schönen Facetten des Kontinents zu hören waren, als auch, was in Europa falsch laufe. „Es braucht die Jugend, um Europa neu zu erfinden“, fordert der Autor am Ende. Ebenso sah es Goldhofer: in ihrem Freundeskreis sei Europa fast schon zu einer Selbstverständlichkeit geworden, weshalb sie mit dem ausgewählten Text zur Diskussion anregen wolle. 

Die Lesung war Teil des Programms der Europawoche, die der Science Hub for Europe an der Universität Passau veranstaltet hat. "Uns ist in dieser Europawoche vor allem wichtig, dass alle zusammenkommen: Forschende, Lehrende, Studierende, dass sie sich zu einem Thema austauschen und die Idee Europa weiterdenken können", sagt Florence Ertel, Geschäftsführerin des Science Hub for Europe in diesem Video:

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Die Europäische Union feiert seit 1985 jedes Jahr am 9. Mai Frieden und Einheit zwischen den Mitgliedstaaten. Anlass ist die Rede des französischen Außenministers Robert Schuman, der an diesem Tag vor 73 Jahren vorschlug, in der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl (EGKS) die Produktion dieser kriegswichtigen Güter in den Mitgliedstaaten zusammenzulegen. Es beteiligten sich damals Belgien, Deutschland, Frankreich, Italien, Luxemburg und die Niederlande. Ziel war es, weitere Kriege zwischen den Mitgliedstaaten zu verhindern.

Mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine zeigt sich die Aktualität dieses Themas. Am Europa-Bus der Bayerischen Staatskanzlei, der am 7. Mai am Kleinen Exerzierplatz im Rahmen seiner „EuropaTour Bayern“ Station machte, konnten Bürgerinnen und Bürger ihre Wünsche für Europa auf sternförmige Sticker schreiben. „Frieden“ oder „kein Krieg“ war auf einigen zu lesen. Mitarbeiterin Yvonne Stirner zeigte sich zufrieden mit der Resonanz. Vor allem viele Schulklassen hätten das Angebot wahrgenommen und ihr Europa-Wissen bei einem Quiz oder Audiowalk unter Beweis gestellt.

Viel lernen konnten auch die insgesamt 120 Teilnehmenden der Workshops, die den gesamten Dienstag über angeboten wurden. „Die Europawoche 2024 hat die Vielfalt der Themen, mit denen wir zu unserem europäischen Profil an der Universität forschen und lehren, gezeigt“, sagte die Vizepräsidentin für Internationales, Europa und Diversity, Prof. Dr. Christina Hansen über die Programmpunkte.

Teil des Angebots am Europa-Bus war ein Workshop für Erstwählerinnen und Erstwähler der Hochschulgruppe JEF, Junge Europäische Föderalist:innen, zur „Funktionalität und Historie der EU“. Denn erstmals dürfen bei der diesjährigen Europawahl Jugendliche ab 16 Jahren wählen.

Im Workshop “L’Union Européenne en BD et mon Europe en BD” erarbeiteten sich Schülerinnen und Schüler die Schlaglichter der Geschichte der EU anhand von graphischen Erzählungen. Unter der Leitung von Prof. Dr. Marina Ortrud Hertrampf, Professur für Romanische Literatur- und Kulturwissenschaft mit Schwerpunkt Frankreich gestalteten sie selbst online ein „bande dessinée“, einen eigenen Comic, zum Thema "Mon Europe". Die Ergebnisse werden auf Plakate gedruckt und sind vom 20. bis 26. Mai 2024 im Übergang zwischen Nikolakloster und Philosophicum an der Universität Passau zu sehen. Prof. Dr. Hertrampf zeigte sich beeindruckt von den Teilnehmenden: „Es war eine überaus bereichernde Erfahrung, Erstwählerinnen und Erstwähler so interessiert und begeistert für die Werte der EU zu erleben – und dies auf Französisch. Angesichts der um sich greifenden antieuropäisch-nationalistischen Diskurse haben mich diese jungen Menschen in meinem Bestreben bestärkt, mich für die Idee Europa einzusetzen. Ich wünsche mir, dass diese Menschen ihre Mehrsprachigkeit nutzen, Europa weiter zu denken und zu leben.“

Die Hochschulgruppe GoverNet veranstaltete unter der Leitung von Necati Naran einen Workshop zur Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) der EU. Die Studierenden stellten in fiktiven Szenarien die eigenverantwortliche Verteidigungsfähigkeit der EU auf den Prüfstand. Die größte Herausforderung im Spiel – und auch in der Realität: die Konsensbildung der 27 Mitgliedsstaaten. Die Studierenden bekamen ein Gespür für komplexe, langwierige Entscheidungsprozesse, die glaubwürdige Abschreckung erschweren können.

Im Workshop „Grenzregion Niederbayern: Nachbarn verstehen und Kennenlernen. Tschechischer Sprachparcours und Landeskunde“ stellte Lektorin Kateřina Milotová  - zusammen mit tschechischen Studierenden der Universität Passau, Communitas Bohemica - Grundlagen des Tschechischen sowie interessante landeskundliche und interkulturelle Informationen vor. Zu Beginn sammelten die Anwesenden Wörter, die sie schon auf Tschechisch kannten – dabei wurden so viele Essensbegriffe genannt, dass an der Tafel eine halbe Speisekarte zusammenkam. Interaktive Quizzes stellten anschließend das Wissen der Teilnehmenden über verschiedene tschechische Städte auf die Probe, auch erste tschechische Sätze schwirrten gegen Ende des Workshops durch den Raum. „Tschechisch ist nicht schwer“ – das wolle sie allen Interessierten zeigen, sagte Kateřina Milotová.

Dr. Katja Reitmaier, Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit an der Universität Passau, hielt im Rahmen eines World Café einen Workshop zum Thema Demokratiebildung und Partizipationsmöglichkeiten mit Blick auf Kinderrechte ab. Sie erklärte den Teilnehmenden unter anderem, wie man Kindern zeigen könne, wie sie sich in unserer Gesellschaft beteiligen können und wie sie ihre Rechte einfordern können: „Da stellen wir zum Beispiel das Kinderrecht auf Meinungsfreiheit und Informationsfreiheit vor“, erklärte sie.

Die Veranstaltenden zeigten sich zufrieden mit den Aktionen anlässlich des Europatags: „Die Universität Passau steht auf dem Fundament von Europa. Ich erhoffe mir eine hohe Wahlbeteiligung, vor allem auch bei jungen Menschen, die Europa als ihren Gestaltungsraum wahrnehmen und in Anspruch nehmen“, sagte Prof. Dr. Ulrich Bartosch, Präsident der Universität Passau. Kooperationspartner des Science Hubs for Europe waren die Professur für Romanische Literatur- und Kulturwissenschaft (Schwerpunkt Frankreich), die Initiative Perspektive Osteuropa und der Lehrstuhl für Neuere und Neueste Geschichte Osteuropas und seiner Kulturen, der Jean-Monnet-Lehrstuhl für Europäische Politik, der Lehrstuhl für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Diversitätsforschung und Bildungsräume der Mittleren Kindheit, die Hochschulgruppen GoverNet, Junge Europäische Föderalist:innen Passau, Communitas Bohemica, der Alumni Club, die Bayerische Staatskanzlei, die Landeszentrale für politische Bildungsarbeit, das Verbindungsbüro des Europäischen Parlaments in München und die Vertretung der Europäischen Kommission in München und EUROPE DIRECT.

Bluesky

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